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Bild: dpa, Kfz-Meisterbetrieb Otto Kosmalla Montage: IAM-NET.EUGVO, Zugang zu den Fahrzeugdaten, Telematik, Herstellerzugänge... In seinem Gastkommentar spricht Ihr Unternehmerkollege Otto Kosmalla aus Niederkassel Klartext! Wir bedanken uns für seinen Standpunkt! zu dem wichtigen Themenbereich, der uns alle angeht, und wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre. Ihr und Euer Team von IAM-NET.EU.

Ich sehe das so:

Wenn ein Fahrzeughersteller mit seinen Partnern (Niederlassung, Vertretung, Servicebetrieb) einen Vertrag abschließt, der den freien Markt ausschließt oder behindert, ist das ein Kartell mit Monopolstellung. Er kann den Markt beherrschen wie er will. Das ist in Deutschland verboten. Damit er agieren darf, muss der Hersteller seine elektronischen Daten und sonstigen Zugänge den Berechtigten des Marktes (freie Werkstatt, Teilehersteller, Großhandel) zur Verfügung stellen. Damit erwirkt er eine Freistellung im Markt, um mit seiner Gruppe zu agieren - Gruppenfreistellungsverordnung (GVO). In dieser GVO muss beschrieben sein, wie und welche Daten zur Verfügung gestellt werden müssen. Diese müssen für uns auch brauchbar und anwendbar sein. Da die Kfz-GVO 461/2010 plangemäß vom 1. Juni 2010 für den Bereich Aftersales (Kundendienst und Teile) in Kraft getreten ist und bis zum 31.05.2023 gelten soll, muss eine ab dem 01.06.2023 eine neue Kfz-Aftermarket-GVO in Kraft treten. Diese muss wohl noch formuliert werden. Da sich die Technik der Fahrzeuge in der Zwischenzeit stark verändert hat, muss diesem auch Rechnung getragen werden. Zurzeit sieht es so aus, als wenn die Zukunft für den freien Markt schwieriger werden würde. Technisch sind wir in der Lage die neue Herausforderung zu meistern - wenn die politischen Voraussetzungen stimmen.

Die Fahrzeughersteller wollen demnächst, z.B. ab Golf 8, die OBD-Dose für den freien Markt verschließen. Das darf nicht so kommen; wir müssen in der Breite weiterhin mit den gängigen Testern (Bosch, Gutmann, SUN, AVL usw.) diagnostizieren können. Wenn es in die Tiefe geht, müssen wir weiterhin mit den Herstellerzugängen (genau so offen wie die Niederlassungen, Retail-Betriebe) arbeiten können. Dazu benötigen wir Equipment wie das Herstellerdiagnose-System (MDS), den EURO-DFT oder ähnliche Produkte (“Blue Box“?) oder so. Diese müssen für den freien Markt auch bedienbar bleiben.

Zum Beispiel:

Ein Landesverband der Innung möchte, dass die Daten in drei Kategorien eingeteilt werden.

  • Kategorie 1
    Aftersales-Daten, offen für freie und markengebundene Kfz-Meisterbetriebe, Dienstleister für das Kfz und Hersteller (z.B. nicht personalisierte Fahrzeugbewegungsdaten und Fahrzeugstandortdaten etc.)
  • Kategorie 2
    Aftersales-Daten, offen für freie und markengebundene Kfz-Meisterbetriebe und Hersteller. (z.B. vom Fahrzeug generierte Inspektions- und Wartungsdaten, Reparaturdaten über Fehlercodes etc.)
  • Aber jetzt – Kategorie 3
    Aftersales-Daten, offen für markengebundene (nicht für freie!) Kfz-Meisterbetriebe und Hersteller. Fabrikatsbetriebe sollten ein eigenständiges Zugangsrecht, unabhängig vom Hersteller erhalten (z.B. bei Gewährleistung, Garantie, Kulanz, etc.). Das bedeutet für mich: Auch stille Rückrufe, Servicemaßnahmen, Updates, usw. sollen dem freien Markt vorenthalten werden. Man bedenke auch die Verkehrssicherheit und die Abgaswerte. Zurzeit geht es ja einigermaßen.

Ein gutes Beispiel, eins von vielen: Ein BMW i3 Baujahr 2015 Laufleistung ca. 73.000km kommt im Frühjahr 2019 zu uns zur Wartung (Inspektion)und HU. Der Kunde sagt beiläufig, dass die Reichweite ihm komisch vorkommt. Bei der Wartung nach Herstellervorgabe sehen wir, dass ein Update i-Stufe verfügbar ist (diese Information würde beim Vorschlag des Landesverbandes in die Kategorie 3 fallen). Da wir jetzt noch (!) den Herstellerzugang haben, konnten wir das Update aufspielen. Dabei gab es jetzt drei Gewinner: Zufriedener Kunde; gutes Produkt, der BMW i3; gute freie Werkstatt. Als Kunde muss ich mit meinem Fahrzeug nicht bis zur nächsten Markenvertretung fahren, sondern kann alles so um den Kirchturm rum erledigen. Alle zufrieden! Das funktioniert auch eingeschränkt bei VW und Audi, aber mit einem Problem: Wenn technisch alles korrekt abgearbeitet ist, wird der Kunde doch noch von VW angeschrieben, er möge updaten lassen. Außer beim Thema Abgasskandal dürfte das nicht sein. Da gibt es noch Handlungsbedarf. Des Weiteren müssen immer mehr Bauteile online angelernt werden, z.B. SVM-Code bei VW, Audi, Skoda, Seat. Wenn diese Teile (Anhängerkupplung, Lenkgetriebe usw., bei Daimler auch Scheinwerfer) aus dem freien Markt kommen, geht das nicht, weil kein SVM oder ähnliches Verfahren da ist. Damit wird der Teilemarkt beherrscht. So weit so gut, oder auch nicht. Da bitte ich, dass sich die Teilehersteller wie auch die Großhändler aktiv kümmern.

Aber jetzt: Connected-Car!

Bild: dpaRechts ein Foto des Bildschirms eines jungen PKW. Daimler, BMW, in Kürze auch VW - in den modernen Fahrzeugen ist eine Technik verbaut, die immer mit dem Fahrzeughersteller in Verbindung steht. „E.T. nach Hause telefonieren.“ Wenn an diesen Fahrzeugen eine Wartung, HU/AU oder sonstiges ansteht, spielt der Hersteller dies auf den Bildschirm des Fahrzeugs und fordert den Kunden auf, beim Hersteller anzurufen - ist schon voreingestellt, bitte nur diesen Knopf drücken! Der Kunde landet wahrscheinlich in einem Callcenter und wird dann weitergesteuert, liebevoll und nett bequatscht. Gegebenenfalls wird der Preis für die Wartung schon mit angegeben. Dabei wird auch im vernetzten Auto geschaut, wann der Kunde freie Termine auf seinem Handy hat und dies beim Angebot noch mitberücksichtigt. Da kann, ein Fall ist mir bekannt, das Callcenter den Kunden sogar an der gewünschten Markenvertretung (Familienbetrieb) vorbeisteuern: „Fahren Sie doch zu K. in A., da haben wir schon alles für Sie vorbereitet.“ Das ist nicht mehr Kundenbindung, sondern Geiselnahme!

Laut einer Umfrage, veröffentlicht im kfz-Betrieb 33-34/2019, würden 44% der Kunden den Knopf drücken. Das ist Kundenmanipulation und keine freie Entscheidung mehr. Auch wir freien Werkstätten müssen auf den Bildschirm. Auch der freie Markt muss einen vernünftigen Zugang zu diesen Systemen erhalten. Nicht die Dongle-Geschichten die früher mal angepriesen wurden. Die sind nur vorübergehend und bald vorbei. Wir müssen in die Zukunft schauen und uns nicht verdrängen lassen. Gegebenenfalls gibt es noch Hilfe durch die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenwagen und Nutzfahrzeugen (Euro5 und Euro6) und über den Zugang zu den Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge. Der zur Änderung anstehende Artikel 8 gibt der Kommission weitere Freiheiten in Bezug auf die delegierten Rechtsakte, die so genutzt werden könnte. Ich habe gehört: Die Kommission ist befugt, gemäß Artikel 14a delegierte Rechtsakte zur Ergänzung der Artikel 6 und 7 zu erlassen. Dazu gehört auch die Festlegung und Aktualisierung der technischen Spezifikationen für die Art und Weise, wie OBD und Fahrzeugreparatur- und Wartungsinformationen bereitgestellt werden, wobei den besonderen Bedürfnissen der kleinen und mittleren Unternehmen (freie Werkstatt) besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Hat jemand mal den Endverbraucher gefragt? Will er sich in den Stau stellen und 1 - 1½ Stunden von Niederkassel nach Bonn fahren, oder wäre er zufriedener, wenn die Dienstleistung 10 km um den Kirchturm erbracht werden kann. Da ist die Diskussion um den Preis gar nicht mehr so groß. Kann da der Verbraucherschutz helfen? Oder ist auch das Wirtschaftsministerium zuständig?

Liebe Arbeitskreise freie Werkstätten! Liebe Zulieferindustrie Hersteller von Teilen für den OEM und freien Markt oder nur für den freien Markt! Liebe Schaefflers, Contis, ZFs, Febis! Liebe Verbände GVA, VREI, Kaufhold, Galow, Großhändler und alle die sich angesprochen fühlen! Teilt es den Kollegen weiter mit und bastelt doch nicht immer an konkurrierenden Systemen. Rauft euch zusammen und führt keine kleinen Grabenkriege. Denn wenn die freie Werkstatt stirbt, gibt es keinen Teilehandel mehr, dann braucht man keine Aftermarkt Großhändler und keine Aftermarktzulieferer.

Wir sitzen im selben Boot. Ich hoffe Sie und Euch ein bisschen geweckt zu haben und bin gerne zu Gesprächen bereit. Von Montag bis Freitag von 7:00 - 13:00 Uhr und von 14:00 - 19:00 Uhr, Tel.: 02208-5060378, Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Ihr und Euer Otto Kosmalla


 

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